Interview mit Oberhausens erfolgreichstem Masterswasserballer, der für Cannstatt spielt
Hier zunächst ein paar biografische Daten
(Alter, Beruf, Vereine etc.)
Jg. 1943
Textiling. früher, „Sozialarbeiter“ heute
seit 1971 in Oberhausen endgültig sesshaft
SSV Reutlingen 1956 – 1972
Wacker Osterfeld 1966 – 1976
Sterkrader SV 1976 – heute, ab 1985 4 J. vereinslos
SG EVO/Stoag 1980 – 2006, nur Laufen
TB Osterfeld 2003 – 2013, Laufen, Walken
Wsf Mülheim 2005 – 2013
SV Cannstatt 2007 – heute
Blitzinterview:
Dein Lieblingsgetränk: Kaffee oder Tee? Beides, aber vorwiegend Mineral- und Leitungswasser (abgekocht)
Deine Lieblingsbiersorte: Pils oder Alt? Pils
Autofahren: schnell oder Langsam? Eher passiv und situationsbedingt, gelegentlich auch flott
Bevorzugtes Schwimmbad: Freibad oder Hallenbad? Gern Freibad, bes. bei DM u. EM/WM, ansonsten gern wetterunabhängig i.d. Halle
Morgenritual: Duschen oder Waschen? Komme 4 / w abends frisch gebadet und geduscht nach Hause. Das muss reichen.
Deine bevorzugte Urlaubsregion: Berge oder Meer? Vorwiegend am Meer
Bevorzugte Fernsehkanäle: Öffentlich-rechtlich oder privat? Öffentlich- rechtliche
Bevorzugte Musik: Deutsch oder Englisch? „Musikmuffel“! Aber gern gelegentlich Musik zum und beim „Abrocken“.
Sportinterview:
– Wie bist du zum Wasserball gekommen?
In einer Schülerzeitung ist mir als 11 jährigem Landjungen
ein bebilderter Bericht zum Wasserballsport in die Hände gefallen.
Als es mich dann mit 13 nach Reutlingen (70 Tsd. Einw.) verschlug, bin ich geradewegs in den SSV eingetreten. Die spielten doch
tatsächlich Wasserball. Ich war zunächst im Feld und von Fall zu Fall im Tor. In Oberligazeiten war ich dann der Torhüter.
– Wie zum Masterssport?
Bei einem Treff der alten Reutlinger Wasserballer im Sommer 2007 bin ich dem Frieder Class begegnet. Der war damals bereits der
Referent für den Wasserball-Masterssport beim DSV und gleichzeitig Wasserballwart beim 40 km entfernten SV Cannstatt. Die hatten
gerade ihre AK60-Teilnahme an der EM in Istanbul absagen
müssen, da der Torhüter, ihr ehem. Bundesligatormann, plötzlich nicht zur Verfügung stand. Da fehlten mir also gerade mal 3 Monate zur 1. EM-Teilnahme. War dann direkt in 2 Turnieren dabei. Danach der „Wurf ins kalte Wasser“ in 2008 mit der DM- und WM-
Teilnahme. Dies in einem Team mit viel zurückliegender Bundesliga-
erfahrung und mit internationalen sowie olympischen Einsätzen in den 1960iger Jahren .
– Warum betreibst du Masters-Wasserball und nicht Nordic-Walking, Jog-
ging, Fitness-Studio oder gräbst deinen Garten um oder gehst spazie-
ren ?
„… oder guckst bis in die Nacht hinein Frühstücksfernsehen?“ Nein, nur der Garten so fürs Grobe und sonst nichts von alledem.
Schwimmen, Ballspiel im Team, mit anderen. Diese Kombination fand ich von Anfang an faszinierend und die Erfahrung von
gesundheitlichem Wohlbefinden, neuen Beziehungen, Freund- schaften im Seniorenalter. Eine alternative oder zusätzliche Sportart habe ich nie ernsthaft in Erwägung gezogen.
– Es gibt viele Motive, Sport zu treiben. Bringe die fünf Motive in eine für
dich zutreffende Reihenfolge!
1. Kameradschaft
2. Fitness
3. Sportliche Erfolge
4. Erlebnisse
5. Reisen
1 und 2 sind für mich gleichgewichtig.
Zu den einzelnen Punkten
1. Kameradschaft:
– Was ist dir daran wichtig?
(Gewachsene) Kameradschaft halte ich psychologisch für eine
wesentliche Voraussetzung zur Lust am Spiel, zum Gelingen von Spielzügen und für erfolgreiches Spielen.
Gegenseitige Wertschätzung, lebenslange Freundschaften, man hilft sich bei Problemen und handwerklichen Dingen. Das soziale Gefüge stimmt. Da profitiert der Sportsmann/-frau, die Sportgemeinschaft, der Verein. Wenn diese Idealvorstellungen wenigstens in Teilen
vorhanden sind, gehört das gemeinsame Training zu den ganz
wichtigen Terminen und da fühle ich mich nach wie vor wohl.
Beim Spitzensport allerdings ist Kameradschaft zwar auch dufte, aber Professionalität und Geld sind die zielführenden Anforderungen.
2. Fitness:
– Was hat sich im Laufe der Jahre körperlich verändert (bezogen auf Was-
serball)?
Ich bemerke beim Schwimmtempo und beim Stehvermögen, dass Belastbarkeit und Elastizität langsam aber stetig abnehmen.
Beeinträchtigungen bei der Ballsicherheit, Spielübersicht und
Reaktionsvermögen gibt es auch. Beim sportlichen Vergleich der Senioren, so ab 60, habe ich da allerdings (noch) keine „Kopf- schmerzen“. Krass ungemütlich und endtäuschend kann es aber werden, wenn im Spiel die „Jugend“ auf die „Alten“ treffen.
„Knie, Arm oder Schulter“. Das bleibt nicht aus beim Wasserball, auch nicht und gerade beim Sport im „hohen“ Alter. Gesundwerden dauert jetzt deutlich länger. Also Geduld und einen guten Physio- therapeuten haben, macht Sinn.
Jeden Tag Wasserballtraining geht nicht (mehr), warum auch? Ich brauche mind. 48 Std zum Regenerieren.
3. Sportliche Erfolge:
– Was war dein größter sportlicher Erfolg?
– Welcher Titel ist dein wertvollster?
Weltmeister der AK65 bei den 14. FINA World Masters
Championships 2012 in Riccione Italien, für den SV Cannstatt. Das waren 5 Spiele und 5 Siege und nach einem mitreißenden Finalspiel am Turnierende.
4. Erlebnisse:
– Was war dein schönstes und prägenstes sportliches Erlebnis?
Schauplatz war das Terrassenfreibad Lahr/Schwarzwald. Die
Endrunde der dt. Wasserballmeisterschaft 1958 mit Poseidon HH, Wsf Hannover, SV Ludwigsburg, Rote Erde Hamm, Du 98 und ASCD Du fand dort statt. Mit dabei war eine württembergische
Jugendauswahl. Wir spielten gegen andere dt. Jugendteams in den Zwischenzeiten des Hauptturnieres.
Alles war toll. Ich war darüber begeistert, mit dabei zu sein,
Tuchfühlung mit den besten Teams und Spielern unseres Landes zu haben und bei bestem Wetter im (für mich) schönsten Schwimmbad der Welt zu sein. Selbst der damalige dt. Bundeskanzler (L. Erhard) ließ es sich nicht nehmen, bei uns mal vorbeizuschauen, weil er eh gerade in der Gegend war.
Mein subjektiver Eindruck schon damals: „Wasserball die schönste Mannschaftssportart“ der Welt.
5. Reisen:
– Welche Städte/Länder, die du im Rahmen deines Masters-Sport bereist
hast, fandest du am spannendsten?
In der Welt herum zu kommen, hatte ich bisher nicht viel Gelegen- heit. Seit 2008 mit der WM in Perth, West-Australien, reise ich und hole Versäumtes nach. EM in Oradea im Westen Rumäniens, WM in Götebourg in Schweden, WM Riccione in Italien, EM Budapest
Ungarn die bisherigen Events. Jeder Ort, jede Gegend hatte seine hochinteressanten Eigenarten. Um weiter zu forschen, waren die Aufenthalte leider nicht lange genug.
Ausnahme Australien. 10 Tage Sport, 13 Tage Kontinent bereisen. Das reichte für eindrucksvollste und spannendste Eindrücke und
Erlebnisse, z.B.: Ayers Rock, der hl. Berg der Ureinwohner mit
seiner Mythologie uns seiner Einzigartigkeit – Sydney mit
berühmter Brücke und Konzertbau – Schnorcheln im Great Barrier Reef im nördlichen Westen. Was uns schließlich kultivierte
Aborigines in Alice Springs und Cairns, Queensland über ihre Kultur und über ihre Geschichte vorgetragen haben, konnte einem schon unter die Haut gehen.
Kazan, Russland und Rijeka, Kroatien sind die nächsten Ziele. Ob’s wieder spannend wird? Nicht nur kulturell?
Privat
– Wie sieht der Privatmensch Günther aus?
Ruhig und gelassen, nicht selten aber auch spannungsgeladen nach innen. Und da hilft 1000 m Schwimmen und alles ist gut.
Ich sei pedantisch, sagt nicht nur meine Frau. Also könnte da was dran sein, geb‘ ich zu. Ich möchte aber auch nix dem Zufall
überlassen. Rein äußerlich sei ich mind. 3 Jahre jünger, sagen
manche. Da könnten meine Eltern dran schuld sein, sag ich.
– Was machst du privat außer Wasserball?
a) Auch in einer 4-Generationen-Familie darf es an nix fehlen. Meine Mutter (91) in Reutlingen und die 4-jährige Marie haben ganz
unterschiedliche Bedürfnisse und das ist nicht nur unterhaltsam.
b) Als Rentner macht es Sinn und Spaß bei ver.di ehrenamtliche
Seniorenarbeit vor Ort zu machen.
c) Zeitung lesen usw… Ich bin an allen wichtigen aktuellen
politisch/gesellschaftlichen Ereignissen interessiert.
– Wie steht deine Frau zu deinen ständigen Wasserball-Affairen?
Seit Roswitha kein auswärtiges Event mehr auslässt und mich
begleitet, finde ich nach Abendessen und Umtrunk leichter das
Hotel. Abrocken geht halt nur noch bei Heimturnieren.
5. Zum Abschluss:
– Wie beurteilst du die momentane Entwicklung im Deutschen Wasserball
bzw. im Deutschen Master-Wasserball ?
a) Im Spitzensport stagnieren wir. Die Anzahl wasserballspielender Vereine hat in meiner Aktivenzeit und bis heute stark abgenommen. Jedenfalls in den Städten im Umfeld und nach meinen
Beobachtungen. Damit könnten offizielle Statistiken auch den
entsprechenden Rückgang an Aktiven belegen. Konkrete Analysen und Ursachenforschung ist Sache der Verbände, die haben (wenn überhaupt) die Zahlen.
Warum die Wassserball-Begeisterung in südeuropäischen
Ländern so anhaltend groß und so erfolgreich ist, dürfte bekannt sein. Unsere historischen 16 Grad Wassertemperatur waren dort aus klimatischen Gründen nie das Problem. Das ist es aber mind. seit den 1970 Jahren auch hierzulande inzwischen überwunden. Ich wünsche mir, dass die gesundheitlichen Vorteile dieser Ballsportart im Detail besser herausgearbeitet und mehr an die Öffentlichkeit herangebracht werden.
b) Der organisierte Master-Wasserballsport befindet sich
offensichtlich in einem stetigen Aufwärtstrend. Das könnten
Statistiken belegen. Fitbleiben und Gesunderhaltung und das im Team und im Wasser. Ich glaube, dass kein anderer Teamsport so bedeutsam ist für die gesundheitliche Prävention. Dem älter
werdenden Wasserballsportler wird zunehmend bewusst, was gut für ihn ist und verschiebt sein Karriereenden hinaus auf unbestimmte Zeit. Toll für unseren Sport, wenn dies auch medizinisch bestätigt würde. Und werbewirksam für unseren Sport, gerade auch bei den jüngeren Jahrgängen.
Lieber Günther, danke für das Interview.